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War ja klar, dass hier Das Kapital von Karl Marx auftaucht.

Meine (zweite) Doktorarbeit fange ich mit einem Zitat von Seite 120 aus „Buch I: Der Produktionsprozeß des Kapitals“, „Abschnitt II: Verwandlung von Geld in Kapital“, „3. Kauf und Verkauf der Arbeitskraft“ an:

Der Wert der Arbeitskraft, gleich dem jeder andren Ware, ist bestimmt durch die zur Produktion, also auch Reproduktion, dieses spezifischen Artikels notwendige Arbeitszeit.

Und so sieht meine Ausgabe des ersten Bands aus — gelesen:

Es ist ein Teil der so schøn aufgemachten Ausgabe der Marx-Engels-Werke (den „Blauen Baenden“) von 1988. Besagte blaue Baende werden, zu meiner positiven Ueberraschung, bis heute herausgegeben. In Neubearbeitungen werden natuerlich die Vorworte dem heutigen Stand der Dinge angepasst, aber am eigentlichen Inhalt aendert das nichts, denn der beruht auf den deutschen Originalmanuskripten. Was auch ein Grund ist, warum diese Baende einer Sonderrolle in der (internationalen) Forschung einnehmen … vulgo: das sind die Quellen, die zitiert werden.

Oopsie … ich schwoff ab.
Insgesamt gibt es drei Baende, aber nur der erste wurde von Marx komplett geschrieben. Die anderen beiden Baende wurden von Friedrich Engels nach (teils sehr umfangreichen, teils eher rudimentaeren) Manuskripten von Marx fertig gestellt.

Ich habe bisher nur den ersten Band gelesen und ich brauchte dafuer 4 (oder waren’s 5?) Jahre. Dies tut dem Buch nicht unbedingt Unrecht. Es ist ganz hervorragend Geschrieben und oft will man einfach weiter lesen. Aber das darin Dargestellte beschaeftigt das Gehirn ganz massiv. Ich verglich staendig die beschriebenen Zustaende und Vorgaenge und Prozesse mit unserer heutigen Zeit. Und das ist ja ganz wunderbar! Ein Buch, das zum denken anregt! Aber dadurch schafft man nicht so viele Seiten mit einem Mal. Und dann ist man bei der naechsten Gelegenheit wenn mann Zeit zum Lesen hat, nicht unbedingt in der Stimmung fuer so „harten Tobakk“ und widmet sich was anderem.
Aber das ist nicht schlimm, ’ne Seite hier, ’ne Seite da … und 2000 Tage spaeter ist man fertig :) … ich denke ich schaffte im Schnitt ca. eine halbe Seite pro Tag … eine halbe Seite eines intellektuellen Festmahls saettigt die graue Masse im Kopfe durchaus :)

Die anderen zwei Baende stehen auf meiner „zu lesen“ Liste und ich schaue mal, wann ich damit anfange. Ich gebe zu, dass ich erstmal eine Pause brauche. … Und auszerdem wollte ich mich auch mal der Bibel widmen.

Zwei Sachen zum Abschluss. Die Erste Sache wollte ich erst gar nicht schreiben, aber es passt irgendwie sehr gut hier her. Ich habe ja auch das unsaegliche Pamphlet (im eigentlichen Sinne, aber hier auch gebraucht mit der dazugehørenden vollen negativen Konnotation des Wortes) Hitlers gelesen. Erst jetzt lerne ich (im Zuge des Lesens des Werkes welches im dritten Eintrag in dieser Reihe vorgestellt wird), wie wichtig es ist das dort Geschriebene wortwørtlich zu nehmen. Aber das tut hier eigentlich nix zur Sache.
Worauf ich hinaus will ist, dass die Art und Weise wie „Mein Kampf“ geschrieben ist, das komplette Gegenteil von dem ist wie ich Das Kapital oben beschreibe. Keine intellektuelle Grøsze weit und breit zu sehen. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass Hitler sexuell vøllig frustriert gewesen sein muss beim Schreiben. Dieser Zusammenhang draengte sich mir ganz unbewusst, aber dann immer und immer wieder auf.
Die intellektuelle Freude hingegen, die sich durch Das Kapital zieht, macht den Eindruck, dass Marx mitnichten auf diese Art und Weise frustriert war. Ganz im Gegenteil.
Spaeter erfuhr ich, dass Marx und seine Frau wohl zeitlebens ein ungewøhnlich herzliches Verhaeltnis zueinander hatten (insb. fuer die damalige Zeit). Die weiteren Assoziationen mit diesem Faktoid ueberlasse ich euch, meine lieben Leserinnen und Leser, selber.

Die zweite Sache ist kurz abgehandelt: Karl Marx mochte Fusznoten genauso gerne wie ich :)

Ich wollte hier schon seit Laengerem die drei literarischen Werke vorstellen, die mich bewusst am meisten beeinflusst haben in den letzten zehn Jahren. Werke, deren Konsequenzen mich zu dem machten der ich heute bin.

Ich schreibe „bewusst“ und „in den letzten zehn Jahren“. Unterbewusste Beeinflussung ist relativ schwer zu erkennen und fuehlt sich im Nachhinein immer so an wie „das hab ich schon immer so gedacht“. Bzw. erinnere ich (fast) nie was die Urspruenge gewisser Meinungen, Einstellungen und Gedanken waren. Eine Ausnahme waere Star Trek – The Next Generation, aber das habe ich bereits mehrfach erwaehnt. Ebenso beschraenke ich mich auf die letzten zehn Jahre, denn viele der Buecher die ich in meiner Jugend las haben mich stark beeinflusst (und tun das vermutlich bis heute). Einige der wichtigsten historischen Sachen sind diejenigen, welche mich dazu brachten Physiker zu werden. Aber auch das soll nicht das Thema dieser Miniserie sein.

Ebenso schreibe ich „literarische Werke“ — vulgo: Buecher, denn ich lese relativ viel im Internet. Bspw. Scott Alexander, sam[]zdat oder Gwern (und viele andere) haben mich stark gepraegt in den letzten Jahren, aber durch die Publikationsform (Weblogs) ist das mehr ein „gemeinsames Wachsen“ und schwer nachzuvollziehen fuer Andere. Buecher hingegen sind schøn kondensiert.

Bringt es was, wenn ich sage, dass ich nicht denke, dass man die Buecher gelesen haben _sollte_, sondern der Meinung bin, dass man die gelesen haben _muss_ wenn man den Zustand der heutigen Welt verstehen und sein eigenes Verhalten darin evaluieren will? Das sind ziemliche Brocken, sowohl vom Umfang als auch vom Inhalt … ich verstehe also, dass trotz aller Leseempfehlungen das nur die wenigsten Menschen dann auch tun. Deshalb keine Leseempfehlung an dieser Stelle. Aber solltet ihr, meine lieben Leserinnen und Leser, euch mit 50 einem (oder mehreren) dieser Buecher widmen, so stehe ich gerne fuer Diskussionen bereit :)

Zwei letzte Sachen noch. Die erste Sache ist, dass die deutschen Fassungen der vorgestellten Buecher keine reinen Uebersetzungen sind. Die zwei Verfasserinnen und die eine Autorin sprachen alle drei deutsch. Die haben die deutschen Fassungen also selber geschrieben bzw. im Falle des Archipel Gulag, bestimmend im Uebersetzungsprozess Uebetragungsprozess mitgewirkt. Das ist wichtig im Vergleich mit anderen Buechern … ich kann nur nicht konkret sagen warum … vielleicht, weil sich das Geschriebene „naeher“ an dem „fuehlt“ was die Verfasser damit ausdruecken wollten als Uebersetzungen.
Die zweite Sache ist, dass man, wenn man will relativ leicht, bei allen Dreien „Dreck am Stecken“ ausmachen kann. Das aendert nichts am Inhalt der Buecher und der Wichtigkeit der darin vorgestellten Dinge und Ideen.

In den ersten drei Teilen zeige ich (mehr oder weniger) nur die Buecher und sage nicht viel weiter dazu. Ich plane einen Beitrag zu schreiben, in dem all dies dann zusammengefuehrt wird.

Der erste Teil des literarischen Triptychon ist Der Archipel Gulag von Alexander Solschenizyn. Selbst ist dieses Werk in drei Baenden erschienen, von denen mich der erste Band …

… vermutlich am meisten beeinflusst hat. Ich selber bin ueber das Buch nur in einem Antikvariat (oder so) gestolpert, hatte aber davor bald 2 Jahrzehnte immer wieder davon gehørt. Band 2 …

… und Band drei …

… kaufte ich mir in einer neueren Version.

Die sehen gelesen aus (insb. der erste Band) und das sollte auch so sein. Darob der der dort festgehaltenen Ereignisse, Begebenheiten und schwer zu verdauenden Ungeheuerlichkeiten sind die Buecher schwer aus der Hand zu legen und man nimmt die ueberall hin mit … zehn Minuten auf den Bus warten sind zehn Minuten die man lesen kann.

Neulich stolperte ich ueber einen Beitrag im groszen weiten Internet, wo die Kurzgeschichte „Rescue Party“ von Arthur C. Clarke empfohlen wurde. Ich las die dann mal und dachte zunaechst, dass es ja eigentlich nix Besonderes ist. Solide Science Fiction, aber sonst innerhalb der „Normalitaet“ dieses Genres.

Aber dann kam buchstaeblich der allerletzte Satz. Den kann ich hier natuerlich nicht zitieren, weil das die Ueberraschung verderben wuerde. Aber dieser Satz (im Zusammenhang mit dem Rest) hob die Geschichte aus der Normalitaet heraus und fuehrte zum Schreiben dieses Beitrags.

Die Quelle die ich angebe hat noch mehr Kurzgeschichten aus den (sehr) fruehen Tagen der Science Fiction …und die sind alle interessant.
Nicht hur aus historischen Gruenden, oder um zu erleben, wie sehr sich Literatur und „das (Be)Schreiben“ innerhalb eines Genres in so kurzer Zeit aendern kann. Sondern auch, weil die Geschichten wirklich gut sind … mhmmm … gut drueckt es nicht ganz richtig aus … es gibt so’n paar Sachen die zu bemaengeln sind und modernen Lesern vermutlich nicht so sehr gefaellt … ausgehend von meiner eigenen (Lese)Erfahrung mit den Texten.
Eine bessere Beschreibung warum es sich lohnt die Geschichten zu lesen ist das Wort „nachhaltig“. Genau! Die Geschichten sind nachhaltig! Die spuken einem nach dem Lesen noch im Kopf rum und man denkt weiter drueber nach. Und das schaffen nicht viele Texte.

Eine andere dort aufgelistete Geschichte die ich herausheben møchte ist „Black Destroyer“ von A. E. Van Vogt. Nicht so sehr wegen der Geschichten an sich. Dazu sagte ich oben bereits alles. Sondern weil dies der Ursprung eines Wesens ist, welches mir seit Jahrzehnten in Computerspielen ueber den Weg laeuft — der Coeurl. Beim Lesen dachte ich so: „Moment mal, das kommt mir bekannt vor. Das sind doch die Katzen aus Final Fantasy!“ Und tatsaechlich, das waren sie.
Also forschte ich mal ein bisschen nach … vulgo: ich schaute ob auf Wikipedia was dazu steht … und es stand und es stellte sich heraus, dass ich gerade ueber die Geschichte stolperte, in der dieses Wesen „erfunden“ wurde, welches dann weitere (bleibende) Einfluesse auf die (nicht nur Gaming) Kultur hatte.

Das fand ich natuerlich voll toll :)

So … zum Abschluss dann noch „The Last Question“ von Isaac Asimov, der sich hierin an der Frage abarbeitet was aus der Menschheit mal werden kønnte und ob das 2. Hauptgesetz der Thermodynamik (der mit der Entropie) jemals gebrochen werden kann … … …

Viel Spasz beim Lesen :)

O! M! G! Ich hatte davon schon vorher gelesen, aber dachte, dass das Original fuer immer auszerhalb meiner Reichtweite sein wird. Aber hier ist es.

Warum hatte ich von so einem eher obskuren Comic bereits gehørt? Nun ja:

[…] [It] was a key visual reference for Blade Runner.

Und der bekannte Probe Droid aus „The Empire Strikes Back“? In diesem Panel ist das Original im Hintergrund zu sehen und …

George Lucas directly copied the launchpad sentinel for the look of the probe droid in The Empire Strikes Back, completely preserving Moebius‘ original design.

Warum finde ich das so toll? Ganz einfach: dies ist der Ursprung vieler Dinge, die aus dieser sehr begrenzten Sphaere in die echte Welt uebergingen. Massiv katalysiert durch eben auch Blade Runner und Star Wars.
Oder wie William Gibson es besser formulierte:

[…] I started to take a certain delight in the way the film [Blade Runner] began to affect the way the world looked. Club fashions, at first, then rock videos, finally even architecture. Amazing! A science fiction movie affecting reality!

Und heutzutage … nun ja … der Ursprung der Hackerkultur ist ganz massiv von diesen Quellen beeinflusst. Und Hacker regieren heute die Welt! Sei es mehr oder weniger direkt via bswp. google oder einfach nur die Hacker, welche die ganzen grundlegenden Technologie programmieren, und frei zur Verfuegung stellen, auf denen ueber 90 % unserer (westlichen) Welt basiert.

Schon geil, dass ich, und ab heute auch ihr, meine lieben Leserinnen und Leser, jetzt endlich mal das Original bewundern konnte :) .

In dem selben Slatestarcodexartikel aus dem ich bereits hier und hier zitierte steht auch das folgende Zitat:

The existence of so many authors has produced a host of readers, and continued reading generates every nervous complaint; perhaps of all the causes that have harmed women’s health, the principal one has been the infinite multiplication of novels in the last hundred years … a girl who at ten reads instead of running will, at twenty, be a woman with the vapors and not a good nurse.

In dem Artikel steht das im Zusammenhang damit, wie sich unsere Anschauung der Krankheiten des Geistes entwickelt hat (also im Zusammenhang mit dem was ich im Ersten verlinkten Beitrag meinerseits anspreche).

Ich møchte das aber in einen anderen Zusammenhang stellen.

Das Uebel welches sich (ganz) frueher in den Buechern befand ist in unserer Zeit als Kinder und Jugendliche auf die Fernseher uebertragen worde. Wie oft haben wir „lies doch mal ’n Buch“ gehørt?
Heutzutage befindet es sich in den Computerspielen, Taschencomputern, youtube und so Kram mit dem die jungen Menschen sich eben so gerne beschaeftigen. Wie oft hørt der junge Mann der bei mir wohnt, dass er doch mal ’n Buch lesen soll?

Oder ist es nur das Uebel des Unbekannten, mit dem man nicht selber aufgewachsen ist?

Meiner Meinung nach ist es ziemlich eindeutig Letzteres. Aber mir persønlich faellt es oft schwer, mich daran zu erinnern. Oder erst dann, wenn besagter junger Mann schon von mir genervt wurde und die Stimmung im Keller ist.

Andererseits ist’s auch nicht von der Hand zu weisen, dass die jungen Gehirne sich noch entwickeln. Und youtube verursacht im Minutentakt kurze Dopaminzufuhren, durch das immer Neue. Bei TV-Serien oder Buechern ist das mitnichten so. Da muss man sich auch mal durch die 2. Staffel der Next Generation quaelen (die eigentllich gar nicht so schlecht ist, wie man das in Erinnerung hat). Das sich entwickelnde Gehirn gewøhnt sich bei Letzteren Dingen also nicht daran, dass immer was Neues und Spannendes gleich „um die Ecke kommt“. Vielmehr lernt es, dass es auch mal durchhalten muss, bevor es die Belohnung (Dopamin) gibt.
Letzteres ist natuerlich insbesondere von Vorteil wenn man studiert. Denn da gibt es die Belohnung erst ganz am Ende … wenn ueberhaupt … ACHTUNG: das war eine VØLLIG vereinfachte Darstellung, der ich so im Detail absolut nicht zustimmen wuerde, deren gesamtheitliche Aussage ich aber teile … weswegen ich das hier ja auch schrieb.

Andererseits … ich war frueher voll die Fernseheule und heute gucke ich gar kein TV mehr.

Grosz werden sie also alle … aber  … aber … ich weisz doch so viel besser wie die Welt funktioniert … Ich! … der ich nicht mal ’n Taschencomputer so benutze wie die benutzt werden sollen? … Post … Post … Post … Es gibt keine 123 prozentige ganz wahre Wahrheit.

.oO(Ich hør mal besser auf zu schreiben)

In einem meiner „Post“-Beitraege empfahl ich den Artikel „When Do Extraordinary Claims Give Extraordinary Evidence?“ zu lesen mit der Begruendung, dass dort:

[…] die Erklaerung steht, warum sog. „soziale“ Medien vøllig versagen (ganz wichtig fuer alle Hacker die immer noch der Meinung sind, dass jeder ein Sender sein sollte).

Im Nachhinein fiel mir auf, dass die selben Gleichungen auch ganz hervorragend eines der Hauptargumente gegen das Lesen von Originalquellen massiv abschwaecht :) .

Das Argument geht ungefaehr so:

Ich habe viele Leute um mich herum die selber lesen und denen ich vertraue und mit denen unterhalte ich mich dann.

Ich diskutiere mal nicht weiter, dass dies dann nur ein Bruchteil ist, was diese Leute selber lesen und die dann natuerlich auch nur das wiedergeben an was sie sich erinnern.

Viel besser ist naemlich, das die Gleichungen im verlinkten Artikel ganz deutlich zeigen, dass die Vertrauenswuerdigkeit der Information mit jedem Glied in der Kette von der Originalquelle zum Zuhørenden massiv abnimmt. Der „Fehler im Signal“ steigt nicht additiv wie sonst ueblich, sondern multiplikativ! Und das selbst dann, wenn die vermittelnden Personen an und fuer sich vertrauenswuerdig sind.

Und so ’ne Kette geht ungefaehr so:
1.: das Experiment an sich
2.: der Wissenschaftler der es in einem Artikel praesentiert
3.: der Editor des Journals hat seine Hand im Spiel
4.: der Wissenschaftsjournalist einer Zeitung
5.: die Redaktion der Zeitung
6.: der Weblogeintrag zum Zeitungsartikel
7.: der Leser
8.: der Zuhørende

Einige Stufen haben grøszeren Anteil am zunehmenden „Fehler im Signal“ als Andere. Das scheint zwar total logisch, aber das Ausmasz des Verlusts der Vertrauenswuerdigkeit war mir nicht bekannt vorher.
Da das ganze multiplikativ (!) geht, ist schon die Umgehung eines einzelnen Gliedes extrem relevant bzgl. besagter Vertrauenswuerdigkeit der Information.

Bspw. wenn der Weblogeintrag den originalen wissenschaftlichen Artikel praesentiert. Selbst dann, wenn man urpsruenglich ueber einen Zeitungsartikel darauf aufmerksam wurde.
Oder natuerlich, wenn der Zuhørende selber zum Leser wird … am Besten zum Leser des wissenschaftlichen Artikels.

Das ist im Uebrigen auch ein massives Problem in den Wissenschaften! Auch in den Natur- und Ingenieurswissenschaften. Das hab ich zwar so irgendwie „gefuehlt“, waehrend ich an meiner ersten Doktorarbeit arbeitete, aber so richtig bewusst ist es mir erst waehrend meiner zweiten Doktorarbeit geworden. Und in Worte fassen konnte ich es erst nachdem ich den oben verlinkten Artikel gelesen und mehrere Tage drueber nachgedacht hatte.

Und deswegen: selber lesen … … … erhøht den vertrauenswuerdigen Informationsgehalt den man aus den Signalen des Universums ziehen kann.

Ich empfehle selten was, aber heute ist es mal wieder soweit. Die Kurzgeschichte „Scanners Live in Vain“ von Cordwainer Smith.

Ist zwar auf englisch, aber dafuer nicht lang.

Ihr, meine lieben Leserinnen und Leser fragt euch jetzt bestimmt, warum ich die empfehle. Nun ja, der Grund ist der Folgende: weil die einfach mal vøllig krass gut ist! Die ist aus den 40’er Jahren des letzten Jahrhunderts und ich dachte, dass es da nur Abenteuergeschichten im Weltraum gab. Nicht wenige davon auch richtig gut, ich erinnere dabei bspw. an Robert Heinleins fruehe Werke. Aber mir ist bisher keine Geschichte untergekommen, die aus besagtem „Abenteuerrahmen“ ausbrach. Heutzutage ist das voll normal, aber nicht damals. Insbesondere Kurzgeschichten wurden in den damaligen SciFi-Magazinen verøffentlicht und da ist die Auswahl natuerlich auch am potentiellen kommerziellen Erfolg ausgerichtet. Und das ist dann natuerlich eher an „leichtverdaulichem“ fuer die Massen orientiert.

Natuerlich erinnert ihr euch da bestimmt an Olaf Stapledon von neulich (hier und hier). Der zaehlt aber nicht, denn der schrieb Romane und im Jahrzehnt davor.

Wieauchimmer, „Scanners Live in Vain“ ist eine wirklich intelligente Geschichte, die sich lohnt zu lesen. Das gilt zwar im Allgemeinen, aber insbesondere, wenn man sich auch nur ein bisschen fuer Science Fiction interessiert.

Vor einiger Zeit fragte ich genau diese Frage. Ich kam zwar zu einer hinreichenden, wenn auch nicht notwendigen, Antwort, aber das fuehlte sich nicht vollstaendig an.

Das Ding mit der Unvollstaendigkeit løst auch das Kommende nicht, aber es betrachtet das Problem in vollem Sonnenschein, wo ich es nur mit ’nem Streichholz in der Hand betrachtete.

Ich fordere euch auf, meine lieben Leserinnen und Leser, die Kurzgeschichte „The Truth of Fact, the Truth of Feeling“ von Ted Chiang zu lesen.

Ueber die Werke dieses fantastischen Autors liesz ich mich an anderer Stelle, schonmal kurz aus, aber ich møchte es nochmal sagen: wer lesen kann und … ach Mist … mir fehlen die Worte … ich versuche es so: Wenn man Ted Chiang liest, dann ist lesen wie atmen :) . Ja … das passt.

Es ist eine gut investierte Stunde! Und wer mehr von ihm lesen møchte, dem wuerde ich sogar mal die zwei Kurzgeschichtensammlungen die ich von ihm habe, ausborgen.

Aber ich schwoff ab.

Jedenfalls ging es mir darum, dass er dort genau die Worte findet, die mir fehlen, um auszudruecken, warum lesen lernen so … mhm … wichtig ist.

And words were not just the pieces of speaking; they were the pieces of thinking. When you wrote them down, you could grasp your thoughts like bricks in your hands and push them into different arrangements. Writing let you look at your thoughts in a way you couldn’t if you were just talking, and having seen them, you could improve them, make them stronger and more elaborate.

Es geht in dem Zitat zwar um’s Schreiben, aber Lesen und Schreiben gehøren eng zusammen.

Lesen (und Schreiben) lernen um die Welt ueberhaupt besser erklaeren zu kønnen. Mich duenkt, deswegen gibt es diesen Weblog hier ueberhaupt noch.

Aber Ted Chiang waere nicht Ted Chiang, wenn es nur darum geht. Es geht auch um DAS grosze Thema, in dem ich versuche mich zurecht zu finden. Die neuen Dogmen, die ich versuche zu lernen, weil die alten immer weniger funktionieren. Und mglw. viel wichtiger als dies, geht es auch um das „ent-lernen“ der alten Dogmen.

Und es geht auch um das Einsortieren des Selbst ins Universum … und einen Narrativ …

Und es geht um’s Vater sein …

Und es geht um …

Und es geht um …

Und es geht um …

Hach … ich fange schon wieder an zu schwaermen und versuche Sachen in Worte zu fassen, wo mir die Worte fehlen.

Es hørt sich vielleicht kompliziert an, aber Ted Chiang schafft es, daraus eine ganz, ganz tolle Geschichte zu machen!

Deswegen: Bitte lesen.

Pamela Hobbs, deren Artikel „Fuck as a metaphor for male sexual aggression“ ich hier vorstellte …

[…] is a Lecturer in Communication Studies […] and is also an attorney […]. Her research interests include legal discourse, medical discourse, political discourse, language and gender, and the evolution of communication.

Warum schreibe ich das? Wegen der Fragen, die man in der Lage ist (sich selbst) zu stellen.

Mhm … na … wie „kleinbuergerlich“ doch solche Leute sind, nicht wahr.

Nun musste ich aber lernen, dass die gesetzlich (!) bestimmte Einhaltung der Laenge des Arbeitstages eine der ganz groszen Errungenschaften der Arbeiterbewegung im 19 Jahrhundert war.

Inklusive der gesetzlich (!) bestimmten Anfangs- und Endzeiten des Arbeitstages.

Vorher wurden hunderttausende Kinder, Frauen und Maenner buchstaeblich (!) zu Tode gerackert. (Und die Zahl gilt nur fuer England).

Und was haben sich die Kapitalisten gewehrt! Was haben sie argumentiert, dass eine Verbesserung der Arbeitsumstaende zum Konkurs fuehren wird. Ja, dass mit einem gesetzlich festgelegten Normalarbeitstag den Arbeitern (!) das Recht auf freie Arbeit genommen wird. Und wie haben sie sich erfolgreich jahrzehntelang dem Sinn des Gesetzes widersetzt.

Und gelesen habe ich das in einem der ganz wichtigen Werke der Menschheitsgeschichte: Karl Marx, Das Kapital, Erster Band, Dritter Abschnitt – Die Produktion des absoluten Mehrwerts, Achtes Kapitel – Der Arbeitstag, 6. Der Kampf um den Normalarbeitstag. Zwangsgesetzliche Beschraenkungen der Arbeitszeit. Die englische Fabrikgesetzgebung von 1833-1864.

Dieses Buch ist eine wahre Schatztruhe an Erkenntnissen. Nur konnte ich diese vorher nie in kurze Beitraege packen.

Da liest (und hørt) man die Nachrichten mit ganz anderen Augen. Wenn man 200 Jahre spaeter von der selben Klasse immer noch die selben Argumente hørt, um die Armen gegeneinander aufzuhetzen und erkennen muss, dass es schon ganz gut wieder funktioniert. Denn oben erwaehnter Kampf und das vorher bestehende entsetzliche Leid, sind schon laengst vergessen.

Deswegen: LESEN! Und drueber reden. Das hilft mglw. ein bisschen gegen die Ignoranz und das Vergessen.

Das Kapital ist uebrigens was fuer Leser, die eine intellektuelle Herausforderung nicht scheuen.