… ist der legitimste, dass man sich etwas Besseres vorstellen kann.“

So zumindest schreibt es der von mir hochgeschaetzte Wortkuenstler Dietmar Dath, in einer seiner zahlreichen, groszartigen, Rezensionen. Die ich ausnahmsweise mal nicht verlinke, da das zu weit vom eigentlichen Thema dieses Beitrages weg fuehren wuerde.

Es tut mir etwas im Herzen weh, dass mein erster Beitrag in dem ich Dietmar erwaehne, eigentlich gar nicht ueber seine (beinahe schon unheimlich) glaubhafte Kunst handelt. Aber es passt so schøn – im Wortsinne. Wie eigentlich alles von Dietmar.

Aber nun zum eigentlichen Grund dieses Artikels.

Lasst euch dafuer doch mal die einleitenden Worte dieses Beitrages auf der Zunge zergehen.

– viele Gruende,
– einleuchtende gar,
– das Bestehende abzulehnen;
– all diese Gruende werden ja so gern mit „love it or leave it“ weg“diskutiert“, aber es gibt da doch eben tatsaechlich einen (aller)legitimsten Grund;
– und der ist, dass man sich (begruendet) doch VERDAMMTE SCHEISSE NOCHMAL was BESSERES vorstellen kann!

Unglaublich! Kann man sowas sagen? So klar, praegnant und einfach. Na klar kann man, ich erwaehnte ja bereits, dass Dietmar ein begnadeter Kuenstler mit Worten ist, aber _darf_ man sowas ueberhaupt sagen?
Ich bitte um Kommentare.

Die Jahre bevor ich Dtschl. verliesz, versuchte ich mein Umfeld auf die Ekel erregenden Missstaende in Dtschl. aufmerksam zu machen. Teilweise mit Erfolg, in den allermeisten Faellen mit schreiendem Misserfolg. Ich waehlte das „drauf aufmerksam machen“ als mein Mittel, da mir andere Methoden (im wesentlichen politisch oder lobbyistisch wirksam sein, oder eben die Kunst) nicht zugaenglich waren/sind. Ich gebe zu, dass „meine Art“ nicht unwesentlich zu den Misserfolgen beigetragen hat. Aber auch „meine Art“ ist keine Entschuldigung dafuer, dass die Leute sich nicht weiterinformieren, weil sie „es ja nicht mehr høren wollen“.
Die allgemeine Reaktion war, wie oben bereits geschrieben: „Wie kannst du so schlecht reden ueber mein geliebtes Dtschl. Wenn es dir nicht passt, dann geh doch woanders hin.“ Auch wenn das nur in den seltensten Faellen so direkt ausgesprochen wurde.
Dies hab ich gemacht. Kurioserweise, ist die Reaktion jetzt eher: „Na DU brauchst ja mein geliebtes Dtschl. nicht schlecht machen, DU bist ja abgehauen – Verraeter! – Haettest ja was gegen tun kønnen“ – Zirkelschluss.

Aber da sind wir dann auch bei dem, was das Schreiben dieses Beitrag (und so vieler anderer) motivierte. Das was ich so oft (und so direkt) sage: „Ich sehe jeden Tag, dass es eben auch anders laufen kann“.

Aber wer bin denn schon ich? Nur der allen auf die Nerven gehende Schreihals.
Ich versteh das ja auch (teilweise). Biogemuese kaufen, das muss doch reichen um die Welt zu retten. Da muss man nicht auch noch auf das Auto verzichten. Ich selber fliege schlieszlich oft genug, um mein Geschwaetz von der Rettung der Eisbaeren so eindeutig als Heuchelei erkennen zu lassen. Und alle haben jetzt erstmal noch die Wut darueber im Kopf, dass ich ueber irrelevante Ernaehrungsweisen herziehe, anstatt zu sehen, dass ich mich von der Scheinheiligkeit ueberhaupt nicht ausschliesze; mich also mitnichten erhøhen will. So ist das halt – „meine Art“ – kommt sowieso immer nur das an, was in die geliebten Dogmen passt, nicht wahr.
Aber genug der Ausfluege in die beliebte (da scheinbar (!) so eindeutige) Klimadebatte. Das kønnte man auch auf die sozialen Verhaeltnisse anwenden. Was interessiert mich Griechenland? Oder der Bettler. Auszer natuerlich, wenn ich mir gerade was Teures gekauft habe. Dann ist das schlechte Gewissen doch zu grosz und ich schmeisz mal ’n Euro in die Muetze. Ach was sag ich! ZWEI Euro gar!

Etwas Besseres. Das kann man ja auch nicht messen. Oder vielleicht doch?
Dieser Artikel (via)  stellt eine Studie zur sozialen Mobilitaet vor. Oder anders gesagt, ob unsere Kinder es mal genauso gut oder scheisse wie wir haben werden, blosz weil sie das Glueck (oder Pech) hatten, in unsere (erfolgreiche oder arme) Familie geboren worden zu sein. Interessant uebrigens, dass ich „arm“ hier im Zusammenhang mit „nicht erfolgreich“ benutze, nicht wahr. Aber huch, hab ich damit nicht eigentlich nur das wiedergegeben, was die Propaganda schaffte, als (unbewusstes) Denkmuster zu etablieren? In unser aller Koepfe. Als scheinbar vøllig normal und nicht zu hinterfragend. Das was ich manchmal so unbewusst denke, ekelt mich an. Also immer an den Pranger mit mir. In der Hoffnung, dass mir in Zukunft immer weniger dieser scheuszlichen Gedanken unerkannt (und damit unreflektiert) bleiben.

Wie immer wird in dem Artikel aufgezeigt, dass der norwegische Weg so aussieht, als ob er „funktioniert“. Und JA, das Wort „immer“ ist durchaus angebracht, denn in all den Jahren bin ich auf noch kein einziges, vernuenftiges Argument getroffen, welches zeigte, dass Dtschl. besser ist als Norwegen. Und dies gilt selbst im Vergleich mit unserem schwedischen Nachbarn. Die werden ja so gern ueber den gruenen Klee gelobt.

[…] Norway, where only 2% of the – already low – inequality can be explained by accidents of birth.

Oder anders, nur zwei von hundert Kindern werden es nicht besser haben als ihre Eltern, weil ihre Eltern arm waren. In absoluten Zahlen, sind das immer noch viel zu viele Menschen, aber doch zeigt diese Zahl, dass dieses System funktioniert.
In Deutchland hingegen ist die Zahl zehn (!) Mal so hoch.
Oder anders. Zwanzig (!) von hundert Kindern die nicht studieren, haetten durchaus studieren kønnen (!), hatten aber das Pech, dass ihre Eltern arm sind.
Um das ganze mal persønlich etwas fassbarer zu machen: die Chance, dass ihr welche von diesen Zwanzig kennt, ist nicht gerade gering. Nur reden sie darueber nicht. Denn „arm“ ist ja gleich „Verlierer“ und eben auch „fauler Schmarotzer“.
Die Chance, dass ich einen der zwei hier in Norwegen kenne, ist hingegen eher gering (selbst, wenn ich mein ganzes Leben hier gewohnt haette).

Und wage hier jetzt bitte keiner zu behaupten, dass  das doch an dem Ølgeld liegt, welches uns jeden Monat auf unsere Konten ueberwiesen wird.
Jedenfalls nicht, ohne gleich den Link zu unabhaengigen Studien die genau dies zeigem, mitzuliefern.
So wie ich es mache. Ich klage Dtschl. an und liefere Beweise. Wer auf diese Weise Norwegen anklagt, hat auch die Beweise zu liefern. So funktioniert das in einem Rechtsstaat, warum sollten aehnliche Prinzipien nicht auch in einer Diskussion angewendet werden.
Und ja, meine Intention soll sein, dem ueblichen Argument Nr. 1 gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Wieauchimmer, ich kann mich nur wiederholen: ich kann mir nicht nur vorstellen, wie es besser sein kønnte, sondern ich erlebe auch jeden Tag, wie es anders _ist_.

… … …

Beim nochmal durchlesen dieses Artikels faellt mir auf, dass ich das eigentlich alles gar nicht so schreiben wollte. Um Dietmar nicht Unrecht zu tun. Diese dreckige Anhaeufung von Wørtern. Dieser plumpe Zynismus. Und dann auch noch Dietmars guten Namen damit irgendwie in Zusammenhang gebracht. Gruselig.
Ich wollte urspruenglich nur Dietmar zitieren und dann den Link folgen lassen. Hørt sich doch gut an, nicht wahr.
Aber in meiner Ohnmacht, kann ich all diesem menschenverachtenden Scheisz in Dtsch. nicht mehr anders begegnen. Dies ist sehr sehr traurig, aber ich bin eben kein Kuenstler, Soziologe oder politiker und kann somit auch nicht zur Løsung des Problems beitragen.

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