Archive for September, 2008

Ich moechte mich gern beim Unisportclub in Magdeburg abmelden. Finde den dazu noetigen Zettel im Netz und da ist auch ein Feld fuer meine Mitgliedsnummer. Da ich die nicht im Kopf habe, schreibe ich die dort zustaendige Person diesbezueglich an. Zurueck kommt eine pampige Mail:

Wenn Sie das Formular richtig gelesen hätten, hätten Sie feststellen können,
dass die Mitgliedsnummer durch die Geschäftsstelle eingetragen wird.

in dem Formular steht NICHT, dass dieses Feld von der Geschaeftsstelle ausgefuellt wird! … naja … diese ganz besondere freundliche Hilfsbereitschaft ist eben typisch deutsch … aber vielleicht hatte diese Person ja auch nur einen schlechten Tag … blosz dann haben ganz schoen viele Deutsche ganz schoen viele schlechte Tage … alle die mal auf dem Arbeitsamt, waren wissen sicherlich wovon ich rede.

Im Gegensatz dazu bin ich hier neulich auf der Suche nach einem Kindergartenplatz durch die Gegend gefahren und habe alle Kindergaerten abgeklappert. Leider alles voll und die „Bestellung“ fuer einen Kindergartenplatz laeuft ueber die Kommune (wusste ich vorher, aber ich hatte gehofft, dass irgendwo was frei ist, ohne dass die Kommune das schon weiss) … dass Hugo hier noch seine Sozialversicherungsnummer braucht, ist die Kindergartenplatzbeschaffung doppelt kompliziert und da die im Formular benoetigt wird, hab ich das noch nicht ausgefuellt und los geschickt … bei der x-ten Kindergaertnerin dieses Problem geschildert und auf einmal meint sie zu mir

Wissen sie was, ich fuell das mal schnell fuer sie aus und schicke das dann an die Kommune.

Anscheinend gibt es Mittel und Wege das man schon auf die Wartelisten kommt und die Nummer nachreicht, was ich ja so erstmal nicht wissen konnte … Als ich laengst wieder an meinem Arbeitsplatz sass, ruft sie mich noch extra an um zu wissen, was denn unsere vier Wunschkindergaerten waeren … aber vielleicht hatte sie nur einen guten Tag … blosz dann haben ganz schoen viele Norweger ganz schoen viele gute Tage … alle die mal mit Norwegern zu tun hatten, wissen sicherlich wovon ich rede.

Zugegeben, dies ist ein sehr spezieller Cartoon, dessen Witzigkeit sich nur einer speziellen Gruppe von Leuten erschliesst. Das Bild haengt im Boulderraum des hiesigen Unisports.

Barn ist das Wort fuer Kind … oder Kinder (also das selbe Wort fuer die unbestimmte Einzahl bzw. Mehrzahl) … also wenn der kleine Hunger zwischendurch mit seinem grossen Bruder kommt.

Heute morgen, ich bin grade aufgestanden und auf dem Weg ins Bad zum Zaehne putzen, da klingelt das Telefon: „Huhu, die Moebel stehen vor der Tuer“ … erstmal ein ordentliches Fruehstueck und Obst und Suessigkeiten fuer die Rueckfahrt fuer die drei Herren besorgt, die mir (gerade jetzt) freundlicherweise die schweren und unhandlichen Sachen in die Wohnung tragen.

Heute Abend kann ich endlich wieder in meinem richtigen Bett schlafen *doppelfreu*.

Wer kennt das nicht: man ist ueber und ueber mit Arbeit voll und der Betreuer (oder Chef) fragt einen, ob man denn auch genug zu tun haette. Also quasi frei nach dem wie es Kettcar in „Geringfügig, befristet, raus“ so treffend besingt: „Uns ist heute egal, wo gestern noch Rast war.“

Mir ist das nicht egal, einer der Hauptgruende warum ich hier bin.

Was ich aber eigentlich erzaehlen wollte ist, dass ich neulich mit Erik durch das Gebaeude gegangen bin und er mich unvermittelt fragte, ob ich denn auch nicht zu viel zu tun haette (!!!). Ich erwiderte darauf etwas verlegen, dass ich schon noch Freizeit hab. Das war anscheinend etwas zu viel fuer mein 27 Jahre in Dtschl. getrimmtes Gehirn, denn erst einen Tag spaeter stellte ich fest, wie absolut ungewoehnlich und unerwartet diese Frage fuer mich war (ist) … so ungewoehnlich (und angenehm verschieden zu Dtschl.), dass ich das hier schreiben musste.

Aber auch dies ist wiederum ein generelles Merkmal dieser Gesellschaft. Die Familie ist eben wichtiger als die Arbeit … was ja in Dtschl. (in den allermeisten Faellen) mitnichten mehr der Fall ist, denn wie sagte mein Opa zu mir, als ich ihm erzaehlte, dass wir nicht zu seinem 80’sten Geburtstag kommen koennen: „Arbeit ist heutzutage wichtiger“ … das seh ich nicht so (dass wir da nicht hingefahren sind hatte andere Gruende, denn auch wenn ich zu dem Zeitpunkt erst eine Woche hier war, haette ich sicherlich frei dafuer bekommen) was ja auch einer der Hauptgruende war, dass wir nach Norwegen gegangen sind.

In diesem Zusammenhang moechte ich gern auch zwei Dinge aus den (Arbeits)Rahmenbedingungen nennen, die mir zu Beginn meiner Taetigkeit gegeben wurden:

1.: Es ist nicht ueblich, dass man laenger arbeitet. Ist es doch mal erforderlich, wird erwartet, dass man diese „Zu viel“ Zeit baldmoeglichst dadurch kompensiert, indem man einfach frueher nach Hause geht. Sollte es ueber einen laengeren Zeitraum (z. B. aufgrund dringender Forschungsarbeiten) unbedingt noetig sein, dass man regelmaessig laenger arbeiten muss, ist das beim Chef vorher zu beantragen, denn dann stehen einem sofort 50% mehr Lohn zu, die auch baldmoeglichst auf dem Konto erscheinen sollen.

Wie hat Martin (Schmidt) unser Sprachlehrer mal so sehr scherzhaft gemeint: „Du kannst ja mal fragen, ob du Sonntag arbeiten darfst.“

2.: Arbeitszeit ist von 8:00 Uhr bis 15:45 Uhr … dann werden hier die Tueren abgeschlossen und man kommt nur noch mit Codekarte rein … aber die meisten Leute sind auch tatsaechlich um die Zeit weg … heim zur Familie …

Dies ist aber nur von Anfang September bis Ende April so. Vom Anfang Maerz bis Ende August ist hier schon 15:00 Uhr Schluss.

Aber am NanoLab  sind die Zeiten etwas flexibler … da kann man auch etwas spaeter kommen und dafuer etwas frueher gehen ;-) .

Da ich ja versuche, die qualifizierten Arbeitskraefte (das geht bei mir ab qualifizierten Facharbeitern los!) in verdens beste landet zu holen, hier mal ein Bild, welches von einer Privatperson (also nicht staatlich oder durch andere Institutionen initialisiert) an die Handtuchspender in vielen der Toiletten hier an der NTNU geklebt wurde.

„Ett“ heisst uebrigens eins (das Zahlwort) und der Rest solle ja aus dem Zusammenhang zu deduzieren sein.

So Herr „um ehrlich zu sein hab ich meine Diplomarbeit noch nicht mal angemeldet“ … wieviel muss ich noch an Argumenten bringen um dich dort raus zu holen?

Der Rauchmelder in der Kueche ist voll funktionsfaehig. Im ersten Moment dachte ich, dass gleich der Backofen explodiert. Jetzt muss ich nur noch rausfinden, wie der wieder abzuschalten ist, ohne dass ich die Batterie raus nehmen muss.

Von allem was mir, in der wenigen Zeit die ich erst hier bin, an Unterschieden bzgl. Dtschl. aufgefallen ist, sagen die Postkaesten wohl am meisten ueber die Norweger aus. So ziemlich alle Postkaesten die ich bisher gesehen habe, sind so wie auf den beiden Bildern: unverschlossen und mit einer grossen Klappe damit man leicht an die Post ran kommt.

Wie man auch sehen kann, nutzen mehrere Leute ein und denselben Postkasten. Die Idee, dass bei derartigen Gegebenheiten die Post ja auch leicht wegkommen koennte ist hier anscheinend nicht so weit verbreitet.

Ganz im Gegensatz dazu die Postkaesten in Dtschl. Jeder hat einen, alles ordentlich verschlossen und damit auch ja keiner die Werbung klauen kann, sind die Schlitze so schmal, dass man selbst kleine (Buecher)Pakete selber von der Post abholen muss.

Es ist schoen Mitglied einer Gesellschaft zu werden die sich selber und ihren Individuen vertraut :) . Das ist vermutlich auch einer der Gruende, warum die Norweger so freigiebig mit ihren persoenlichen Informationen sind … eins der wenigen Dinge, die ich mir zumindest in absehbarer Zeit nicht aneignen werde.

Anderes Beispiel gleiches Thema: Ich geh mit Erik (Wahlstrøm) raus um das Labor anzuschauen. Er holt noch eine andere Kollegin aus ihrem Buero (Einzelzimmer) ab. Diese schliesst nicht die Tuer zu als wir alle zusammen woanders hingehen. Als wir zurueck kommen und Erik seine eigene Buerotuer wieder aufschliesst meint er (etwas verlegen) zu mir: „Eigentlich ist das nicht notwendig … aber man kann nie wissen.“ (der zweite Teil des Satz laesst erahnen, dass Erik nicht in Norwegen sozialisiert wurde … er ist Schwede).

Einschub: lustige Begebenheit:

Drei Angestellte des Nanolab kommen aus Schweden, einer aus Deutschland und (bisher) nur zwei aus Norwegen :) .

Weiteres Beispiel: Die Fahrradschloesser hier schuetzen eigentlich nur davor, dass man das Rad nicht gleich wegschieben kann.

Dagegen meine (typisch deutschen) Handlungen: Ich schau immer welches die dickste Stahlstange fuer meine Fahrradscherung ist und es brauchte zwei Wochen bis ich mich endlich dazu zwingen konnte nicht mehr meine Buerotuer abzuschliessen, wenn ich nur mal schnell auf Toilette gehe. Langsam aber stetig erfolgt meine Metamorphose … und zu lernen der Gesellschaft und ihren Teilhabern zu vertrauen (also auch fremden Menschen) ist wohl eine der schwersten Lektionen.

So wie die Postkaesten und Buerotueren ist auch der Geist der Norweger: nicht verschlossen :) .

Jetzt muss ich nur noch in Erfahrung bringen, wo ich Holz herbekomme.

Ansonsten heizen wir mittels tragbarer Elektroheizungen. Ausser im Bad, da haben wir Fussbodenheizung.

fint ikke sant :)