… you totally should found the mafia!

Das ist die Essenz eines Artikels von A. Dimico, A. Isopiund O. Olsson in The Journal of Economic History, Volume 77, Issue 4, 2017 , pp. 1083–1115 mit dem Titel „Origins of the Sicilian Mafia: The Market for Lemons„.

Und mal ganz ehrlich. Wir høren staendig von dieser Organisation in ihren verschiedensten „Ausfuehrungen“, aber wer von euch, meine lieben Leserinnen und Leser, hat sich schon mal gefragt, wann und warum die Mafia eigentlich entstanden ist?
Zumindest ich habe mich das nie gefragt. Ich habe das einfach so hingenommen. Die gibt es halt, die gab es schon „immer“ und die wird es immer geben.

Aber das stimmt so ja gar nicht. Im Uebrigen ist das einer der Hauptgruende, warum man Das Kapital lesen sollte: zur Erinnerung, welche von den vielen tollen Gegebenheiten in unserer Gesellschaft eben NICHT schon immer da waren und ganz schnell auch wieder verschwinden kønnen, wenn wir nicht dafuer kaempfen! Aber ich schwoffte ab.

Warum ist das denn aber durchaus wichtig zu verstehen wie die Mafia entstanden ist. Nun ja, die Mafia ist …

[…] [a] socially inefficient institution […]

und sie …

[…] hampers economic development […].

Und „economic development“ ist historisch nunmal das, was die Mehrzahl der Leute aus bitterer Armut holte. Trotz aller beschissenen Sachen die damit einhergehen.

Und deswegen gehe ich da mal naeher drauf ein, extra fuer euch, meinen lieben Leser und Leserinnen.

Ich fang dann mal an zu zitieren. Zunaechst einmal, ist die Mafia noch gar nicht so alt:

[…] [it] first [appeared] in Sicily in the 1870s […].

Und die Hypothese des Artikels ist, …

[…] that the growth and consolidation of the Sicilian mafia is strongly associated with an exogenous shock in the demand for lemons after 1800, driven by James Lind’s discovery on the effective use of citrus fruits in curing scurvy.

Skorbut? Skorbut? Da war doch mal was?

Aber inwiefern kann denn eine kleine gelbe Frucht solch krasse Auswirkung haben? Nun ja … die Beschreibung sieht fuer mich ganz nach „Der Kapitalismus frisst sich selbst“ aus:

Citrus trees can be cultivated only in areas that meet specific requirements […] guaranteeing substantial profits to relatively few local producers. The combination of high profits, a weak rule of law, a low level of interpersonal trust, and a high level of local poverty made lemon producers a suitable target for predation. […] the […] government […] had [not] the strength or the means to effectively enforce private property rights. Lemon producers, therefore, resorted to hiring mafia affiliates for private protection […].

Lustig wa! Das erinnert mich an die Shops fuer elektronischen Schnickschnack, die einen privaten Poliziedienst Waschschutz anheuern muessen … aber wenn man mal so drueber nachdenkst ist das dann doch nicht so lustig, bedeutet es doch, dass die Polizei nicht genuegend Mittel hat. (Ich lasse mich an dieser Stelle nicht ueber die Feinheiten und Widersprueche dieser Aussage aus.)

Jedenfalls, Zitronen (und dass sie einer Geiszel frueherer Zeiten erfolgreich entgegen stehen) sind Schuld, dass es diese sozial ineffiziente Organisation gibt, denn …

[…] mafia presence in the 1880s is strongly associated with the prevalence of citrus cultivation. No other crop or industry has a robust impact on mafia activity.

Aber natuerlich nicht alleine. Wie immer ist es eine Mischung aus Zustaenden, die zusammen kommen:

[t]he extraordinary revenues that certain producers received, combined with the general political insecurity and weak rule of law, provided an ideal breeding ground for the emergence of a mafia that provided protection and acted as intermediaries.

Und da bin ich dann schon wieder bei den Herstellern von Elekronikgadgets. Die haben „extraordinary revenues“, besagtes Beschaeftigen eines privaten Wachdienstes sieht sehr nach „weak rule of law“ aus und ueber „general political insecurity“ muss ich mich nicht weiter auslassen.

Ich kann nicht sehen, inwieweit eine „neue“ Mafia entstehen wird, aber … mhmmmm … die generellen Zeichen fuehren (wie immer) zu ein bisschen Besorgnis :( .

Das soll genug sein dazu. Zum Abschluss zitiere ich noch schnell, wo der Begriff „Mafia“ ueberhaupt her kommt:

The origin of the word mafioso […] is found in the Arab language where the word marfud used to mean swindler or cheater […].

Wichtig ist aber zu sagen, dass

In Italian, the original meaning of the word did not have a negative connotation, but simply characterized somebody who had proud/courageous behaviour. In fact […] when the proto-mafia developed […] a mafioso was a man who had gained the respect of the local population by standing up against the brigands and the malicious crimes of the campieri and compagnia d’armi […].

Das ist extrem wichtig auch im Zusammenhang mit dem Obigen. Denn:

[t]his respect from the local population contributed to a legitimization of the mafioso, who received the support of the population given that their crimes were justified when committed against delinquents who were even worse than he […] It became a general practice to define men who showed courage and resolution as mafiosi.

Unterstuetzung der Gesellschaft von Banditen, weil die temporaer als weniger schlimm angesehen werden als die generellen Gegebenheiten so weiter laufen zu lassen … die Parallelen zur heutigen Situation sind all zu leicht zu ziehen :(

So … nun habe ich aber genug schlechte Laune verbreitet. Auch wenn es doch ganz interessant war ueber diese Information zu stolpern.

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