Wir können uns nie absolute Sicherheit verschaffen, daß unsere Theorie nicht hinfällig ist. Alles, was wir tun können, ist, nach dem Falschheitsgehalt unserer besten Theorie zu fahnden.

Karl Popper, „Objektive Erkenntnis“ (via).

One Comment

  1. Ford says:

    Ironisch gewendet und spöttisch formuliert: Wenn die Tatsachen mit der Theorie nicht übereinstimmen, umso schlimmer für die Tatsachen. Manchmal verschafft uns erst eine solche Übertreibung mehr Klarheit, weil sie den für uns wirklich unerträglichen (und subjektiven) Kern der Sache herausstellt. Wenn sich also hinter jeder Portion Hohn immer eine Art echter kognitiver Unsicherheit – eine Art Exzess – verbirgt (was beseitigt werden soll), dann müsste man vermuten, dass sich die Komplizenschaft des Hohns mit seinem Objekt in diesem Falle so darstellt: es könnte WIRKLICH schlimm UM DIE TATSACHEN stehen.

    Ok, naturwissenschaftliche Objekte interessierten sich eigentlich nicht für Spott oder subjektive Einstellungen. Diese Dinge „gucken nicht zurück“ und verstellen sich nicht, wie in der symbolischen Ordnung/ der Sprache des Menschen. Wie in dem Witz über den Patienten einer psychiatrischen Klinik, der glaubt, er sei ein Maiskorn. Vom Therapeuten geheilt, gesteht er diesem doch, dass er noch immer Angst vor Hühnern habe. Wieso das? „Ich weiss, dass ich kein Maiskorn bin, aber weiss es das Huhn?“ (Wenn wir die „harten Wissenschaften“ heranziehen, kann man vielleicht eine Parallele zum Physiker Ernest Rutherford ziehen, der sich fragte, woher eine Teilchen weiss, wo es hingehört, wenn es von einer „Bahn“ um den Atomkern zur anderen springt – Bahnen, die gar nicht als materielle Objekte existieren, sondern rein ideelle Verläufe sind.)

    Mit der Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik tauchte nun ein solcher Exzess mitten im Feld der Naturwissenschaften auf. Eine Vielzahl von ausweichenden Interpretationen bilden einen Widerwillen, sich von den Grundsätzen der klassischen Physik zu verabschieden: der Objektivität und Erkennbarkeit der Natur. Phänomene wie die Beobachterabhängigkeit drücken das eigentlich „Spukhafte“ der Quantenphysik aus und damit nicht eine radikale Verschiedenheit zum gesunden Menschenverstand, sondern eher eine unheimliche Ähnlichkeit mit dem, was wir als spezifisch menschlich erachten. Da stellt sich irgendwo die Frage der objektiven Erkenntnis. Geht es nur darum, dass unser Zugriff auf die natürliche Realität schon immer sprachlich strukturiert und also von der symbolischen Ordnung überdeterminiert ist – und wir die vorangegangenen Täuschungen nur immer weiter aufheben müssen? Oder muss man weiter gehen und behaupten, dass es schon in der „physischen“ Realität selbst etwas gibt, das auf merkwürdige Art und Weise an symbolische Strukturen erinnert (Der Kollaps der Wellenfunktion tritt auf, wenn ein Quantenereignis im Beobachtungsapparat „eine Spur hinterlässt“, wenn es auf irgend eine Weise „registriert“ wird, u.s.w.)?

    Und da muss man irgendwie wieder zu Hegel zurück, der die epistemologischen Hindernisse nicht zu einem Problem des Erkenntnisapparates macht (Kant), sondern dieses in die Sache selbst/ in das DING verlegt, als deren „Fehlerhaftigkeit“, als einen Riss in der Sache selbst. Insofern ist die Tatsache, dass wir nie zu einer Wahrheit gelangen können, gerade das Zeichen der Wahrheit. Das „kritische“ System wäre, mit Kant, die systematische Struktur aller möglichen „Fehler“ in ihrer Notwendigkeit, also die erfolgreiche Erklärung der Illusionen, d.h. warum sie sind und warum sie strukturelle notwendig, unvermeidbar, keine Zufälle sind. (Slavoj Zizek: Weniger als Nichts, 2014)

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