Vor einer Weile unterhielt ich mich mit meinem Opa. Es ging auch darum, dass ich versuche, den jungen Mann der bei mir wohnt, zum selbststaendigen Denken zu erziehen.

Als Beispiel benutze ich da immer rote Fuszgaengerampeln.
Anfangs habe ich natuerlich immer angehalten. Dies um ihm beizubringen, dass rotes Licht Gefahr bedeuten kann. Einige Monate bevor er in die Schule kam, fing ich damit an, auch bei Rot mit ihm ueber die Ampel zu gehen. Dies aber natuerlich nur wenn absolut und ganz sicher keine Gefahr bestand. Und (bis heute) mit Erklaerungen warum. Ebenso bestehe ich bis heute darauf, dass er selber auch immer nochmal schaut, ob auch wirklich keine Gefahr besteht.

Im Gegensatz dazu steht, dass ich aber auch lieber den naechsten Bus nehme, wenn die Ampel Rot und die Verkehrslage nicht eindeutig sicher ist.

Dies alles tue ich aus hauptsaechlich zwei Gruenden.
Zum einen der praktische Grund: irgendwann rennen die Kinder sowieso bei Rot ueber die Ampel. Und auch das besterzogenste Kind (was immer das auch sein mag) rennt den anderen Kindern hinterher. Mir ist sehr bewusst, dass ich da ueberhaupt keine Kontrolle drueber habe, egal wie oft und wie lange ich an einer roten Ampel mit ihm warte. Und ich denke, dass alle meine Leserinnen und Leser wissen, dass unreflektierte Verbote oft genug wenig wirksam sind!
Mit dem was ich tue hoffe ich aber, dass mein Sohn mit derartigen Situationen „bekannt“ ist und (semi)-automatisch das Ausschauen nach mglw. doch bestehender Gefahr stattfindet. Da habe ich natuerlich auch keine Gewissheit fuer, aber ich weisz mir nicht anders zu helfen. Und wenn er mal alleine vor faehrt scheint das bisher auch ganz gut zu funktionieren.

Der zweite Grund ist, dass ich møchte, dass mein Sohn lernt selber zu denken und Authoritaeten (insb. mich!) in Frage zu stellen.
Dies sage ich ihm auch ab und zu genau so; mache nicht nur etwas, weil ein anderer das sagt. Auch das scheint ganz gut zu funtionieren bisher.

Ich sollte vielleicht noch sagen, dass ich Ampeln fuer sinnvoll und wichtig halte. Stehen diese doch an Orten potentiell erhøhter Gefahren. Deswegen ja auch das Extra-Gruendlich-Nach-Links-Und-Rechts-Schauen.
Und das oben Geschriebene gilt NICHT fuer motorisierte Vehikel! Ist doch die Sicht bspw. in Autos deutlich eingeschraenkt (eine Abschaetzung der Gefahr also nur bedingt møglich) und insb. kønnen damit betraechtliche Schaeden an uebersehenen Fuszgaengern angerichtet werden. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Bspw. Nachts auf Gelb gestellte Ampeln.

Nun zurueck zum Anfang des Artikels. Das Gespraech mit meinem Opa.

Er war damit ueberhaupt nicht einverstanden. Meinte er doch, dass ich meinen Sohn damit dazu erziehe eine Ordnungswidrigkeit zu begehen.
Ich bin mir unsicher, ob er meine Argumente verstanden hat.

Allerdings war er auch viele Jahre lang Polizist.

Wieauchimmer, brachte mich dieses Gespraech doch (mal wieder) dazu mal drueber nachzudenken, was ich da mache und vor allem warum.

Ich kamen zwar auf keine neuen Gedanken diesbezueglich, aber da Opa nicht mit besseren Argumenten kam, konnte er meine Beweggruende auch nicht entkraeften.

Und dann las ich neulich einen Artikel ueber die Ausbildung der Rechtsstudenten in Dtschl. Trotzdem ich eine allgemeine Leseempfehlung fuer ausnahmslos alle Artikel von Thomas Fischer geben wuerde (auch wenn diese fuer heutige Maszstaebe „lang“ sind und man sich teilweise ganz schøn anstrengen muss, um die zu verstehen), so wollte ich da eigentlich hier nichts darueber schreiben. Bis ich auf diesen Absatz gestoszen bin, wie Rechtsstudenten lernen zu denken:

[…] das Eintauchen in […] eine Welt der Unterwerfung und der Gewalt, der Ansprüche und Normen, der Herrschaft und der Abstraktion.

Es ist so, dass …

Wer Jura studiert hat, wird nie mehr auf die Idee kommen, man dürfe in der Fußgängerzone vor allem deshalb nicht Radfahren, weil das gefährlich für Fußgänger ist.

Also das was ich oben zu roten Ampeln schrieb. Die stehen dort aufgrund potentieller Gefahren, und diese Gefahren bestehen nicht immer und dann ist es erlaubt selber zu denken! Hingegen gilt ja (nicht nur fuer Rechtsstudenten) das im ersten Zitat Gesagte. Warum darf man nun also nicht in Fuszgaengerzonen Fahrrad fahren?

Der Grund ist vielmehr: Es wurde dort gemäß Paragraf X der Straßenverkehrsordnung in Verbindung mit Paragraf Y einer Kommunalen Satzung das Verkehrsschild Z aufgestellt.

Schauderlich, nicht wahr.

Und dies gilt natuerlich nicht nur fuer Rechtsstudenten, sondern fuer leider viel zu viele Menschen. Auch hier in Norwegen.

Und deswegen bringe ich meinem Sohn bei, (sicher) ueber rote Ampeln zu gehen.

Think for yourself – Question Authority (siehe bspw. auch hier).

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