Ein Problem welches ich bereits øfter besprach (bspw. hier, im grøszeren Zusammenhang auch hier, und auch an anderen Stellen) ist ja, dass es nix bringt die Leute einfach mehr zu „bilden“. Das festigt die nur in deren Weltbild.

Ganz im Sinne des Post-wasauchimmer ist es mir møglich, dies zu akzeptieren. Ist halt eine andere, im jeweiligen (Denk-/Weltsicht-/Gefuehls- …) Rahmen durchaus gueltige Meinung. Ich bewege mich halt innerhalb eines anderen „Bezugssystems“.

Es bleibt natuerlich die Frage, inwieweit die gleichen Fakten / Informationen so unterschiedliche Resultate haben kønnen.

Vor einer Weile schon stolperte ich (via slatestarcodex) ueber sam[]zdat. Bereits die Ueberschriften seiner Essays zogen mich magisch an. Also lud ich mir mal alles runter und druckte es aus zum spaeter lesen.

Ganz im Allgemeinen, aber auch im Speziellen, muss ich sagen, dass sam[]zdat zum Interessantesten gehørt, ueber das ich bisher gestolpert bin im Internet. Die Neuartigkeit der von ihm dargelegten Herangehensweise an politische und gesellschaftliche Phaenomene unserer Zeit hatte ich so noch nicht gelesen. Den dargelegten Gedanken war, eben aufgrund besagter Neuartigkeit, zunaechst schwer zu Folgen. Aber nach einer Weile waren die groben Grundzuege des gedanklichen Fundamentes klar und pløtzlich war das soooo krass voll spannend seinen Ausfuehrungen zu folgen. Und die sind auch total sinnvoll und nach nur den ersten paar Artikeln sind mir gewisse Entwicklungen der letzten Jahre (Alt-Right, Trump, Brexit, Identity Politics, AfD etc. pp.) viel verstaendlicher.

Wieauchimmer, ich schwaerme gerade und halte mich kurz, indem ich es empfehle sam[]zdat von Anfang an zu lesen. Aber Vorsicht, die Artikel sind lang und zumindest ich muss durchaus øfter mal ganze Abschnitte mehrfach lesen.

OK … soweit dazu und nun zurueck zum urspruenglichen Problem.

Der Artikel „Memetics and Memorization: A Critical Review of Both“ handelt eigentlich ueber was anderes, aber das Folgende kann ich aus diesem Zusammenhang reiszen und hier mit dem Blick auf die obige Frage praesentieren.

Andere Ideen zusammenfassend steht dort:

Certain words are associated with others, making the mind skip over to them even if the “information” is rationally disconnected.

Das ist wichtig!

Ich sage „CO zwei“ und habe die Assoziation „Extremwetter“ parat.
Jemand anderes hørt „CO zwei“ und denkt an Steuern und Beschraenkungen und dass die doofen Umweltfuzzies die Wirtschaft und unseren „Way of Life“ kaputt machen wollen!

Dies wird …

[…] the “fringe” of a word

… genannt. Etwas konkreter:

[t]he fringe is something like the associations a word has, the vague network of connections between it and others. […] A fringe is the liminal space between multiple words (and concepts and ideas and lines and quotes).

Der „Fringe“ ist also auch der Grund, warum Witze fuer bestimmte Gruppen lustig sind und fuer andere nicht.

ABER! Das ist NICHT einfach nur …

[…] an explanation of association.

Nein, es ist viel wichtiger, denn …

[i]t’s critical for human cognition.

Wait! what?

Der Grund dafuer ist, …

[…] it’s at least partially the mechanism for how we think about things. A word is no more than a grunt. Without a vast repository of associative grunts, each known by one another and all those others, we would not be able to communicate (or think).

Oder anders:

[…] one might say that abstract words exist not as “real things with definitions” but rather as nodes  – they facilitate connections between concretes without us confusing one to the other over and over in our thoughts.

OK, soweit zu den Grundlagen.

Weiter wird dann dort erklaert:

A word’s fringe is intensely personal but it can be developed and taught. Even if a word has thousands of fringe associations, some will be stronger than others. These are, well, the ones we develop and use. They may be personal or social, but their repetition changes the way we use concept.

Siehe mein „CO zwei“-Beispiel oben. Andere „fringe associations“ waeren Nahrung fuer Pflanzen, -18 Grad Celsius Durchschnittstemperatur, Øl, Tesla, Fahrrad, Hamburger etc. pp.

Und hier liegt der Clou des Ganzen:

[t]he import of a word’s fringe is not necessarily its object association. The import is that it determines how one thinks, what channels are most natural to go down and hence what conclusions tend to follow. In other words: the “packet” of information is less important than its abstract flow […]

Das bedeutet, dass die Information an sich nicht so wichtig ist, denn diese ist statisch. Der „Fringe“ aber ist dynamisch und produktiv und dies …

[…] determines new actions and behaviors […].

Und das erklaert warum unsere meine Fixierung auf Fakten und Studien eben NICHT die 123-prozentige ganz wahre Wahrheit immer und ueberall fuer alle Menschen ist. Selbst dann nicht, wenn der Informationsinhalt dieser Fakten durchaus als richtig angesehen werden kann.

In dem Artikel ist ein weiteres Beispiel gegeben.

It goes without saying that these [the fringe associations] are also quite hard to quantify: I anticipate that I have a much different associations with the concept “good” than a Christian does, and a much different association than a Roman Legionaire did. We know this to be true and obvious on the object level: I don’t think crucifixion is great, Claudius was fine with it. Figuring out that difference more than simply calculating “number of crufixions attended per capita”, as that can only measure the effect, the object of thought, the “packet of information”, when the importance is not the information, though, but the way that thought skips from one place to another, and this is incredibly difficult.

Und deswegen frage und diskutiere ich so viel. Fakten habe ich mehr als genug, bzw. kann sie mir nach Bedarf beschaffen. Aber was die Menschen damit assoziieren ist eine ganz andere Sache.

Leider wird die Frage „Warum denkst du das?“ all zu oft als Angriff auf die Identitaet des Gespraechspartners angesehen :( … Dabei will ich doch nur verstehen wie die Welt von einem anderen Blickwinkel aus aussieht. Denn meiner kønnte super-falsch sein und trotz guter Intentionen (?) in eine Katastrophe fuehren. Letzteres denke ich natuerlich nicht, aber ich kann es auch nicht ausschlieszen.

So … viel Stoff zum drueber nachdenken. Deswegen lass ich diesen Artikel mal ungewøhnlich lange stehen, bevor es mit weniger wichtigen Sachen weitergeht.

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