Archive for Mai, 2022

… dass moderater Alkoholkonsum gut fuer einen ist.

Weiter geht’s mit den Merkwuerdigkeiten rund um diese Volksweisheit, ueber die Hans Olav Fekjær in Addiction 108 (12), pp. 2051–2057, 2013 in der (Literatur)Analyse mit dem Titel „Alcohol—a universal preventive agent? A critical analysis“ schreibt.

Somit ohne viel Aufhebens:

Alcohol apparently prevents12 diseases among the 16 listed by Wikipedia as ‘lifestyle diseases’.

Wikipedia ist ein „lebendes Dokument“ und ich finde da mittlerweile 21 Lebensfuehrungskrankheiten, aber die Aussage ist klar. Weiter geht es damit, dass …

[t]he level of consumption which seems to have a preventive effect is the level that is most accepted in our present-day societies, more socially accepted than both abstention and higher consumption.

Zur Abstinenz komme ich beim naechsten Mal, aber der Punkt, dass …

[…] the [societal] group consuming alcohol at this level is conforming to the currently prevailing norms

… ist wichtig, denn …

[n]ot surprisingly, several favourable characteristics have been demonstrated for this group. It differs from abstainers in many lifestyle factors which are relevant for health

Konkreter zitiert Fekjør eine andere Studie:

[…] ‘wine drinking is a general indicator of optimal social, cognitive, and personality development […]. Similar social, cognitive, and personality factors have also been associated with better health in many populations. Consequently, the association between drinking habits and social and psychological characteristics, in large part, may explain the apparent health benefits of wine’.

Interessanterweise kann man das relativ leicht testen, denn fast alle Studien zu moderatem Alkoholkonsum und positiven Gesundheitseffekten wurden in „westlichen“ Laendern durchgefuehrt, in denen moderate Trinker im Durchschnitt einen høheren sozialen Status haben. Im Einklang mit den Ergebnissen von Holmes et al. folgerte …

[…] a study in India […] that light drinking increased the risk of coronary disease.

Der Schluss liegt nahe, dass dies vermutlich daran liegt, dass in der gesamten indischen Gesellschaft niemand erwartet, dass religiøse Hindus Alkohol trinken. Diese sind im Durchschnitt also nicht schlechter dran als Nichttrinker in westlichen Laendern.

Zusammenfassend kann diesbezueglich also gesagt werden, dass

[a]ltogether, there is ample evidence that groups with different drinking habits differ in several other ways than their drinking, making it difficult to separate the effects of drinking habits from other factors.

So viel dazu, naechstes Mal dann, wie viel schlechter es Abstinenzler in westlichen Laendern im Durchschnitt haben. Eine Sache, die mich doch etwas ueberrascht hat.

Das Folgende ist euch, meinen lieben Leserinnen und Lesern mglw. gar nicht aufgefallen beim Lesen der (bereits øfter zitierten) Studie von Holmes, M. V. et al. in BMJ, 2014; 349:g4164, denn es ist ein bisschen (in Tabelle 1) versteckt:

Nichtmal theoretische Physiker (also Physiker die eher theoretisch als experimentell arbeiten, nicht die Menschen, die theoretisch Physiker sein kønnten) arbeiten mit Werten die angegeben sind mit 76 Stellen nach dem Komma.

Ich weisz, dass das bei den Formeln zur Statistik rausfaellt, wenn man wirklich viele Probanden hat. Das ist mir selber schon passiert, wenn auch nicht ganz so extrem. Ich fand’s aber trotzdem lustig zu sehen und mir kam der Gedanke, dass wenn die Autoren der Studie einen normalen Taschenrechner mit 10 Stellen gehabt haetten, die Genauigkeit viel kleiner gewesen waere  … tihihi.