Auch heute arbeite ich weiter mit dieser Tabelle.

Die beim letzten Mal betrachteten altersspezifischen (!) Crude Rates sind fuer mich als Individuum von Interesse. Ich gehøre nunmal zu einer ganz konkreten Altersgruppe und besagte Crude Rates geben an, wie wahrscheinlich es ist, dass ich an (einem bestimmten) Krebs erkranken werde. Das hilft mir die Situation besser einzuschaetzen und bestimmte Masznahmen zu treffen (oder auch nicht); zur Erinnerung: Letzteres war der Ursprung dieser Miniserie.

Trotz dieser groszen Nuetzlichkeit fuer Individuen sind Crude Rates deutlich weniger nuetzlich fuer eine Gesundheitspolitik. Letztere muss naemlich festlegen, wie viele Mittel fuer bestimmte Krankheiten auszugeben sind und es gibt deutlich mehr als nur Krebs. Aber nicht nur das, eine Gesundheitspolitik muss auch fuer die gesamte Bevølkerung gemacht werden, egal ob jung oder alt (oder mittendrin so wie ich). Und es gibt mehr juengere als aeltere Leute.

Hier kann ich das Beispiel vom letzten Mal weiterfuehren. Dort hatten junge Maenner (alle 1,752,661 Maenner bis 50 Jahre, 65.3 % aller Maenner) eine Crude Rate von ca. 74 und alte Maenner (alle 932,412 Maenner ueber 50 Jahre, 34.7 % aller Maenner) von fast 1900.
Fuer eine Gesundheitspolitk ziehe ich 100.000 Maenner zufaellig. Das bedeutet, dass ich mehr junge als alte Maenner ziehe, die Bevølkerungsstruktur muss also in Betracht gezogen werden. Das ist ganz einfach, denn man muss dafuer einfach nur die Crude Rates mit der Prozentzahl der Maenner die dieser unterliegen multiplizieren und dann beide Werte addieren: 74 x 65.3 % + 1900 x 34.7 % = 707.
Fuer alle praktischen Zwecke kann man nun sagen, dass dies die altersstandardisierte Rate (ASR in der Tabelle) fuer die gesamte Bevølkerung ist. Wenn man dann die oben erwaehnten Abweichungen in Betracht zieht, dann ist der Wert von 707 praktisch gleich dem Tabellenwert von 688. Letzteres erhaelt man, wenn man den Altersregler in besagter Tabelle von 0 bis 85+ (also ueber alle Altergruppen) gehen laeszt.

Ich waere aber nicht ich, wenn ich das einfach so stehen lassen wuerde. Denn eigentlich muss man nicht die Anzahl der Maenner in einer Altersgruppe in Betracht ziehen, sondern die Anzahl der (altersgruppenspezifischen) „person-years at risk“. So wird das in der Tabelle und auch im Cancer Incidence in Five Continents Vol. XI-Report gemacht (S. 127 f.). Bender, A. P. et al erklaeren diese Methode im Detail in ihrem Artikel mit dem Titel „A standard person-years approach to estimating lifetime cancer risk.“ … *hust* … in Cancer Causes & Control, 3 (1), 1992, pp. 69–75 … ich gebe zu, dass ich den nur ganz kurz ueberflogen habe um ein grundlegendes, aber sicher kein tiefgreifendes Verstaendniss fuer den Sachverhalt zu bekommen.

Worauf ich hinaus will ist das Folgende: die Abweichungen zwischen der obigen vereinfachten und der richtigeren Berechnung sind fuer junge Altersgruppen nicht signifikant, fuer mittlere Altersgruppen klein und akzeptabel (so bis ca. 70 Jahre) und erst fuer alte Altersgruppen grosz. Grob (und sehr stark vereinfachend) gesagt liegt der Grund darin, dass ein Mensch der in der Mitte der Altersgruppe stirbt, nur halb so viele Jahre zu den „person-years at risk“ beitraegt und es sterben viel mehr alte Menschen in der „Mitte“ der Altersgruppe als junge Menschen.

Wieauchimmer, die obige, vereinfachte Berechnung ist deutlich anschaulicher und der Fehler in den relevanten Altergruppen vernachlaessigbar. In dieser Miniserie werde ich die altersstandardisierte Rate ohnehin nicht nutzen und wenn doch, so ist fuer alles was ich in dieser Miniserie sagen werde diese Berechnung hinreichend. Weil man aber ueberall darauf trifft, dachte ich, dass es wichtig ist zumindest kurz mal darauf einzugehen.

Beim letzten Mal hatte ich auch versprochen, dass ich verraten werde, wieso in der Tabelle „ASR (World)“ steht. Weil diese „weltweite“, altersstandardisierte Rate praktisch ueberall auftaucht sei dies kurz erklaert (zum Glueck ist das ganz einfach): fuer gesundheitspolitische Entscheidungen (und insb. in so dicken, weltumspannenden Reports (ich hab’s nachgeschlagen, das ist tatsaechlich ein erlaubter Plural von Report) wie dem Cancer Incidence in Five Continents Vol. XI) ist es wichtig zu sehen, wo man im Verhaeltniss zu Welt steht. Deswegen wird nicht auf die landeseigenen „person-years at risk“ standardisiert sondern auf eine weltweite Referenzbevølkerung. Wie diese aussieht kann man in Tabelle 7.1 in besagtem, dickem Report auf Seite 128 sehen.

Und damit soll es endlich genug sein fuer heute.

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