Zur Erinnerung: Økonomen behaupten, dass die 90’er Jahre in Japan eine „verlorene Dekade“ gewesen sind. Dieser Ausdruck wird gern ausgeweitet auf die zwei darauffolgenden Jahrzehnte. Der Grund dafuer liegt darin, weil die Wirtschaft Japans da nicht mehr so stark „gewachsen“ ist.

Auszer den von den Økonomen ueblicherweise herangezogenen Indikatoren (die im Wesentlichen aussagen, dass die Reichen immer reicher werden … etwas ueberspitzt formuliert … aber nicht all zu sehr), gibt es aber noch andere Messgrøszen, an denen man den Zustand eines Landes „ablesen“ kann.
Dank dieser Quelle konnte ich mir davon ein paar anschauen und wie so oft ist das etwas komplizierter. Aber der Reihe nach (und aufgeteilt auf mehrere Beitraege).

Mit dem Begriff „verlorene Dekade“ verbinde ich, dass viele Menschen arbeitslos sind (mit besonderem Augenmerk auf die sog. Jugendarbeitslosigkeit). Und tatsaechlich, beide Messgrøszen sind erst seit ungefaehr 2018 wieder auf den Wert vom Ende der 80’er Jahre zurueck:

Da scheint also was an den „verlorenen Dekaden“ dran zu sein. Das Problem ist nun aber, dass die Arbeitslosenrate mitnichten erst am Anfang der 90’er Jahre anstieg. Vielmehr sieht es mir nach einem laenger andauernder Prozess aus, der mindestens schon 20 Jahre eher begann. Man sieht das an den Geraden im Diagramm. Diese legte ich zunaechst nur durch die Werte von Anfang der 70’er bis Ende der 80’er Jahre (durchgezogene Linien) und extrapolierte danach (gestrichelte Linien … und „extrapoliert“ ist ein piekfeines Wort um nicht „laenger ziehen“ sagen zu muessen … tihihi). Die Trendgeraden beschreiben die generelle Entwicklung verdammt gut, auch wenn es natuerlich (zum Teil sehr starke) Schwankungen darum gibt.

Der Anstieg der Arbeitslosenrate laeszt sich aufgrund des Bevølkerungswachstums nach dem 2. Weltkrieg und der so wichtigen (finanziellen) Emanzipation der Frauen erklaeren. Wobei ich nicht abschaetzen kann, wie stark letzterer Effekt in Japan war … mein Bauchgefuehl sagt mir, dass Japan doch noch eine sehr traditionelle Gesellschaft ist diesbezueglich.
Und hier schnappt die Falle bei solchen Statistiken zu: zur Arbeitskraft zaehlen naemmlich NUR Menschen die eine Arbeitsstelle haben, ODER (inklusives oder) die eine Arbeitsstelle haben wollen. Wenn eine Person das nicht møchte (bspw. aufgrund sog. „traditioneller“ Verhaeltnisse in denen der Mann arbeiten geht und die Frau zu Hause bleibt), dann zaehlt diese Person nicht zur Arbeitskraft … trotz der vielen nicht entlohnten Arbeit die von ihr (oder ihm) verrichtet wird.
Letzteres erklaert dann auch, warum die Kurven ab ca. 2012 (?) wieder runter gehen. Die vorherige Generation geht in Rente (sucht also NICHT mehr nach Arbeit); aufgrund der Entwicklung der Demographie in Japan werden diese aber nicht mehr vollstaendig ersetzt.

Worauf ich hinaus will: auch wenn es zunaechst scheint (!), als ob die Arbeitslosenrate fuer „verlorene Dekaden“ spricht, so denke ich, dass das bei genauer Betrachtung der Daten nicht haltbar ist, weil das auch viel einfacher und weniger „einzigartig“ mit einem lang anhaltenden Trend erklaert werden kann.
Økonomen wissen das im Uebrigen, weswegen ich bei Diskussionen um die „verlorene(n) Dekaden“ zwar was vom stagnierenden Wirtschaftswachstum aber nichts von den Arbeitslosenzahlen høre. Wuerde das naemlich als Argument gebraucht werden waere das viel zu einfach zu wiederlegen.

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